Wirkung, Wandel, Widerstand: Einblick in die Zahlen, die bei der SBB zählen – oder eben auch nicht
- Newsroom Communication
- 19. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Martina Rettenmund plant und steuert die Kommunikation der SBB – strategisch, kanalübergreifend und datenbasiert. Im Interview spricht sie über kleine Geschichten mit grosser Wirkung, den Kulturwandel rund um KPIs und darüber, was Zahlen mit Menschen machen.
Martina, was war der letzte Kommunikationsinhalt, bei dem du dir gedacht hast: «Wow – das hat richtig gut funktioniert»?
Das war eine Geschichte, die wir ursprünglich nur intern geplant hatten: Unser Lokführer Werner Sturzenegger ging nach 52 Jahren in Pension. Das Social-Media-Team schlug vor, sie auch extern zu spielen – was prompt zu grossem Interesse führte, sogar 20 Minuten hat berichtet. Das Ganze hat intern wie extern super performt – und Werner hat sich sogar selbst im Community Management eingebracht. Solche kleinen, authentischen Geschichten wirken oft stärker als perfekt durchgeplante Kampagnen.
Wie zeigt sich in eurem Alltag, dass Analyse und Controlling heute nicht mehr «nice to have», sondern essenziell für die Kommunikation sind?
Ich komme aus dem Journalismus – für mich war es immer wichtig zu wissen, ob meine Beiträge wahrgenommen werden. Heute ist das Bedürfnis nach Sichtbarkeit grösser denn je: Wir wollen wissen, ob unsere Inhalte ankommen. Früher haben wir endlos über Tools und KPIs diskutiert, heute reden wir über die Messergebnisse. Das zeigt mir: Analyse ist bei uns angekommen – sie ist fester Bestandteil der Arbeit.

Martina Rettenmund beim Newsroom Insights am 18. Juni 25. Bild: M. Gnos/Newsroom
Wann ist für dich ein Kommunikationsbeitrag «erfolgreich» – und wie messt ihr das konkret?
Wir definieren jährlich Benchmarks und Ambitionswerte im Themenhaus, die wir regelmässig überprüfen. Gleichzeitig verlassen wir uns auch auf Erfahrung: Gerade bei Social Media sieht man schnell, ob ein Format funktioniert. Wenn etwas nicht zieht, stellen wir es auch wieder ein. Erfolg ist für mich, wenn Inhalte eine spürbare Wirkung haben – und nicht nur, wenn sie möglichst viele Views haben.
Gibt es bei der SBB Tools oder Routinen, auf die du im Controlling-Alltag besonders setzt?
Ich arbeite viel mit unserem Dashboard, das verschiedene Tools wie Emplify oder Piano zusammenführt. Wichtig ist für mich der Mix der Daten – eine einzelne Zahl sagt wenig aus. Wenn ein Video zwar wenig Reichweite hat, aber starkes Engagement zeigt, ist das für mich genauso ein Erfolg. Die Engagement-Rate ist da oft ein guter Indikator. Und aktuell testen wir vermehrt KI-Tools, vor allem für qualitative Auswertungen.
Wie stellt ihr sicher, dass Analyse-Ergebnisse nicht nur erhoben, sondern auch in der täglichen Planung und Themensteuerung berücksichtigt werden?
Das ist der Schlüssel – nur wer Zahlen aktiv nutzt, profitiert auch davon. Bei uns fliessen die Ergebnisse regelmässig in unsere Strategie- und Weekly-Meetings ein. Wir dokumentieren, was gut funktioniert hat, und leiten bei Bedarf Massnahmen ab. Wichtig ist: Die Zahlen müssen Teil des Alltags sein, nicht nur irgendwo abgelegt.
Was schätzt du als grösste Herausforderung ein, wenn Kommunikation plötzlich messbar wird?
Akzeptanz im Team – Zahlen können auch verunsichern
Die richtigen KPIs definieren – was zählt wirklich?
Zahlen richtig interpretieren – und nicht überbewerten
Ergebnisse in die tägliche Arbeit integrieren
Was hat bei euch im Bereich Kommunikationscontrolling nicht auf Anhieb funktioniert – und was habt ihr daraus gelernt?
Der Change war grösser, als wir dachten. Es macht etwas mit Menschen, wenn ihre Arbeit plötzlich gemessen wird. Man muss sehr viel erklären, zeigen, Vertrauen schaffen – und die Zahlen im Alltag verankern.
Worauf freust du dich, wenn du an die Zukunft von Analyse und Kommunikation denkst?
Ich wünsche mir, dass alles einfacher und integrierter wird. Aktuell arbeiten wir mit einem Flickenteppich an Tools, so mein Gefühl. Mein Traum wäre ein System, das alles bündelt: ein Dach, unter dem sich Werte verknüpfen, Diagramme automatisch generieren lassen – und man nicht ständig springen muss. KI wird diese Entwicklung sicher weiter vorantreiben.
Zur Person: Martina Rettenmund (48) leitet bei der SBB den Bereich Kommunikation Planung und Kanäle. Seit zehn Jahren arbeitet sie im Unternehmen und bringt ihre Begeisterung für Kommunikation in die strategische Planung und Weiterentwicklung der digitalen Kanäle ein. Privat ist sie oft in der Natur unterwegs, etwa mit dem Fernglas als Vogelbeobachterin.
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