Ein Jahr danach: Die Corporate Newsroom-Studie mit der Universität Bern
- Newsroom Communication
- 3. Juni
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Aktualisiert: 17. Juni
Vor einem Jahr haben Newsroom Communication und die Universität Bern eine neue wissenschaftliche Bestandsaufnahme zu Corporate Newsrooms in der Schweiz vorgelegt – mit Fokus auf die Rolle der Künstlichen Intelligenz. Die Ergebnisse sind heute aktueller denn je. Ein Rückblick mit Ausblick.

Immer mehr Unternehmen und Organisationen in der Schweiz organisieren ihre Kommunikation nach dem Modell eines Corporate Newsrooms. Gemeint ist damit nicht ein physischer Raum, sondern ein strategisch organisierter Prozess: Themen werden zentral geplant, kanalübergreifend aufbereitet und agil orchestriert – ganz ähnlich wie in einer modernen Nachrichtenredaktion.
Der Aufbau solcher Newsroom-Strukturen wird zunehmend durch technologische Entwicklungen geprägt, insbesondere durch den rasanten Fortschritt im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Darum haben das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft (IKMB) der Universität Bern gemeinsam mit der Newsroom Communication AG diesem Wandel in einer explorativen Studie analysiert. Ein Jahr nach Veröffentlichung ist klar: Die Erkenntnisse haben an Relevanz nichts eingebüsst.
Auch ein Jahr nach Veröffentlichung der Studie gibt es noch viele offene Fragen zur Umsetzung von Corporate Newsrooms. Mit unserer Veranstaltungsreihe «Newsroom Insights» möchten wir hier Orientierung bieten. Und was den Einsatz von KI betrifft, erwarten wir künftig insbesondere Unterstützung bei der Themenplanung – nicht nur bei der Content-Erstellung. Benjamin Blaser, Mitgründer Newsroom Communication
KI im Einsatz – aber ohne klare Leitlinien
Die Studie zeigt: Künstliche Intelligenz wird in vielen Corporate Newsrooms bereits aktiv genutzt – etwa zur Ideengenerierung, für die automatisierte Textproduktion oder bei der Wirkungsmessung. In der Praxis heisst das: KI hilft dabei, Content zu übersetzen, Metadaten zu erstellen oder Inhalte inhaltlich zu verschlagworten (Indexierung). Auch erste Pilotprojekte für kreative Anwendungen laufen bereits.
Was jedoch fehlt, sind institutionalisierte Rahmenbedingungen. Die Mehrheit der befragten Organisationen verfügt noch über keine umfassenden Richtlinien für den KI-Einsatz. Viele plantenen jedoch, diese bis Ende 2024 einzuführen. Die Studie macht damit deutlich: Die Integration von KI ist nicht nur eine technologische, sondern auch eine kulturelle und ethische Aufgabe.
Newsrooms als lernende Organisationen
Ein weiteres zentrales Ergebnis betrifft den Reifegrad von Corporate Newsrooms. In der ersten Phase nach der Einführung – meist über einen Zeitraum von rund zwei Jahren – liegt der Fokus auf der internen Positionierung: Wie funktioniert die neue Struktur? Wer übernimmt welche Rollen? Welche Prozesse greifen? Erst danach richtet sich der Blick vermehrt auf die externe Wirkung. Studienleiter Dr. Tobias Rohrbach bringt es auf den Punkt: «Newsrooms sind lernende Organisationen. Sie müssen sich kontinuierlich an neue Anforderungen und technologische Entwicklungen anpassen.»
Dazu braucht es klare Themensteuerung, zentrale Koordination – und zugleich genügend Agilität, um auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können. Die Studie zeigt, dass viele Organisationen diesen Spagat gut meistern, aber auch mit strukturellen Herausforderungen konfrontiert sind.
Wirkungsmessung bleibt Schwachstelle
Besonders in einem Bereich zeigt sich Nachholbedarf: der Wirkungsmessung. Viele Newsroom-Organisationen arbeiten noch mit klassischen Kennzahlen, die sich stark an einzelnen Kanälen orientieren – etwa Klickzahlen auf einer Webseite oder Interaktionen auf Social Media. Die Herausforderung besteht darin, diese fragmentierten Daten so zu verknüpfen, dass daraus Rückschlüsse für eine kanalübergreifende Themenplanung gezogen werden können – ohne die Spezifika einzelner Plattformen zu verlieren.
Auch bei den eingesetzten Tools zeigt sich Handlungsbedarf. Gängige Projektmanagement-Programme wie Trello oder Asana stossen schnell an Grenzen, wenn es darum geht, komplexe Themen über verschiedene Kanäle hinweg zu steuern. Die Studie empfiehlt hier spezialisierte Themenmanagement-Tools, die auf die Anforderungen eines Corporate Newsrooms zugeschnitten sind.
Fazit: Die erste Schweizer Studie zu Corporate Newsrooms zeigt: Der Wandel ist im Gang – aber noch nicht abgeschlossen. Künstliche Intelligenz wirkt als Treiber und Beschleuniger, stellt Organisationen aber auch vor neue Herausforderungen. Wer jetzt in klare Prozesse, strategische Steuerung und geeignete Tools investiert, verschafft sich einen entscheidenden Vorsprung.
Mit dieser explorativen Studie ist die Basis gelegt, in Zukunft weitere Studien in diesem Themenkosmos durchzuführen. Ideen und Gespräche mit Hochschulen laufen bereits.



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